Steffen Lipp – DER Provence-Fotograf: „Auf dem Höhepunkt seiner Kunst“


Beim Betrachten der Fotos von Steffen Lipp meint man, den betörenden Duft der Lavendelfelder zu riechen. In seinen Fotografien fängt Lipp die gewaltige Schönheit provenzalischer Landschaften  ein. Sein Engagement dankten ihm die Bauern, indem sie Lipp als ersten Nicht-Franzosen zum „Ritter des Lavendelordens“ ernannten. Seit Jahren gibt es den wundervollen Provence-Monatskalender mit den poetischen Aufnahmen von Steffen Lipp bei Weingarten. Jetzt hat Christel Blanc vom Journal „La Provence“ den Starfotografen interviewt und unter der Head „Auf dem Höhepunkt seiner Kunst“ das Interview im Mai veröffentlicht:

Im Einklang mit der Provence, verbildlicht der Künstler Steffen Lipp die Poesie und den Zauber des Mont-Ventoux. Grosses Privileg, im Atelier von Steffen Lipp empfangen zu werden, der Ende der 80er Jahre der erste war, der einen Fotoband über den Mont-Ventoux vorstellte. Die Winterausgabe der „Carnets du Ventoux“ widmet dem deutschen Künstler von internationalem Renommé ein Portfolio. Im Interview mit der Zeitung „La Provence“ spricht er über seine Kunst, seine Liebe zur Landschaft und seine unerschöpfliche Leidenschaft für den Ventoux.

Wie würden Sie Ihren Zugang zum Mont-Ventoux definieren?
Philosophisch! Kommt man in die Gipfelregion dieses Berges, befindet man sich in einer zeitlosen Steinwüste, dem Himmel nahe. In welchem Augenblick auch immer, ist man von atmosphärischer Strenge umgeben. Anfang und Ende der Welt scheinen, beim Blick auf die Landschaft, dicht aneinander zu liegen. Man verlässt die gewohnte Begrifflichkeit von Zeit.

Beschreiben sie die Provence mit den Augen des Profi-Fotografen:
Hier ist es wie nirgendwo anders – die Provence ist eine farbige Landschaft. Die Palette der Farbtöne ist zauberhaft. Die sommerliche Lavendelblüte, die goldgelben Weizenfelder, wenn sich im Herbst die Buchenwälder am Ventoux färben und einen Kontrast zur hell leuchtenden Kalksplitterwüste bilden, ist das Erlebnis ergreifend.

In 25 Jahren haben sie tausende Fotos gemacht. Besteht nicht die Gefahr, in eine gewisse Routine kommen?
Nein, überhaupt nicht! Im Übrigen, etwas zu tun, was man bereits gemacht hat, hat mich nie interessiert. Mein Antrieb ist die Entdeckung und mein Ziel ist es, einen Ort, eine Landschaft so bildnerisch zu zeigen, wie man es vorher nicht gewohnt war zu sehen. Ich begnüge mich nicht, in meinen Bildbänden, einfach „nur“ schöne Bilder aneinander zu reihen. Da bin ich viel zu sehr Erzähler. Gerade die Architektur, das Platzieren der Bilder ermöglicht es dem Betrachter, in der Emotion mitgenommen zu werden.

Ihre Arbeit macht Ihnen noch immer grosse Freude?
Mit Sicherheit! Noch immer bin ich beseelt von der Idee, so „klein“ zu sein, vor der unfassbaren „Grösse“ der Natur. Was mich am meisten am Gipfelerlebnis Mont-Ventoux fasziniert, ist seine geografische Lage. Mit seinen fast 2000 Metern, ohne die Konkurrenz der ihn umgebenden Berge, ermöglicht er in einem Elan die ihm zu Füssen liegende Provence zu überblicken. Dieser Berg ist ein aussergewöhnlicher Aussichtspunkt. Er bietet ein Seherlebnis par excellence. Wohin man schaut, nichts als Hügel , Berge, Täler. Ein Panorama, das uns die ganze Faszination unserer Erdgeschichte vor Augen führt.

Was sind Ihre Lieblingsorte?
Ich habe in der Tat meine Favoriten, die ich immer wieder aufsuche.

Was ist Ihr Geheimnis, so schöne Fotos zu machen?
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein! Um ein bestimmtes Foto zu machen, kann es durchaus sein, dass ich 300 Kilometer unterwegs bin. Oft geht`s frühmorgens los, um die Landschaften der Baronnies-Berge zu durchstreifen, das Lure-Massiv zu besteigen… Um den perfekten Zeitpunkt für das ideale Bild nicht zu verpassen, studiere ich Messtischblätter der Gegenden, um Lage und Beleuchtung meiner Sujets zu berechnen. So ist mir möglich, zu verschiedenen Jahreszeiten meine Motive in`s rechte Licht zu rücken – nicht grundlos nannte man ja früher das Foto „Lichtbild“.

Was ist Ihre bevorzugte Jahreszeit?
Der Winter. Jedes Jahr warte ich sehnsüchtig auf Schnee, der die provenzalische Natur schlagartig von einem farbigen Gemälde in eine monochrome Grafik
verwandelt.

Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg?
Die Liebe zur Arbeit, das Talent und das Glück, die richtigen Menschen kennengelernt zu haben.

Wann haben Sie die Provence entdeckt?
Als Kind, mit meinem Vater, Anfang der 60er Jahre. Er war Journalist und interessierte sich sehr für Natur, Literatur und Fotografie. Nach einer ersten Reise in die Provence, sind wir nach La-Roque-sur-Pernes und Le Beaucet, in der Nähe von Avignon gelegen, wiedergekehrt, wo meine Eltern dann ein Hügelgrundstück mit fantastischem Blick auf den Mont-Ventoux erworben haben. Ich komme aus der industrialisierten Stuttgarter Gegend und so wurde die Provence für mich zum Gegenmodel.

Ist es diese Zeit, in der Sie sich entschlossen haben, DER Provence-Fotograf zu werden?
Nein. Ich hatte diesbezüglich keinerlei Plan für eine derartige Karriere. Das einzige, was ich mit Sicherheit wusste: Ich wollte eines Tages, auf meine Art und Weise, all das zurückgeben, was ich durch das Erlebnis Provence bekommen habe.

Christel Blanc , „La Provence“ (Übersetzung: Dr. Sandra Ruff)

Weingarten Monatskalender „Provence – Impressionen“ (KV&H)
Format 55 x 46 cm, 13 Farbfotos, Foliendeckblatt, internationales Kalendarium
ISBN 978-3-8400-7290-1, Ladenpreis 34,00 € (D/A)